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Auch für Orgons Mutter ist durch Tartuffe die Ordnung in der Familie garantiert. Für Orgon allerdings ist das noch zu wenig. Er würde seine Frau und seine Kinder lieber töten als sie in einer Welt leben zu lassen, die nicht von Tartuffes tiefschürfenden Einsichten durchdrungen ist und plant, seine Tochter zu zwingen, ihre erste Beziehung zugunsten Tartuffes aufzugeben.
Wie es zu dieser moralischen Hörigkeit kommen konnte, ist für den Rest der Welt unbegreiflich. Ist Tartuffe nicht ein Manipulator, der seinen Freund moralisch als Geisel nimmt, und ihn zum Fundamentalisten macht?
Mit TARTUFFE lässt Molière ein Schlaglicht auf die Mechanismen psycho-sozialer Verführung fallen. Dank ihrer zeitlosen Aktualität schuf er damit eine seiner berühmtesten Komödien. Ihre Titelfigur ist seit der Uraufführung 1664 ein fester Bestandteil des kollektiven Bewusstseins. Doch die Premiere von Molières eigener Schauspieltruppe vor Ludwig XIV in Versailles rief die Zensur auf den Plan und der Dichter konnte erst nach einigen geschickten Umarbeitungen das Theaterstück veröffentlichen.
Für die Zeitgenossen zeichnete die Darstellung einer Person, die menschliche Schwächen und soziale Missstände für die eigenen Interessen ausnutzt, ein scharfes, kritisches Spiegelbild der bestehenden Ordnung. In unserer Zeit lassen sich darin Grundlage und Wirkungsweise heutiger Dogmen und Fundamentalismen erkennen.
Pressestimmen:
„Erfreulicherweise vertraut die Inszenierung auf die Kraft dieses alten Textes und das mutet oft so an, als wäre der gerade erst gestern geschrieben worden. Es geht ja letztlich um die Gefährlichkeit von gerissenen Verführern, Volksverdummern und Heuchlern. Und das ist nun mal leider ein sehr aktuelles Thema. (…) Da braucht es keine vordergründige Modernisierung, das ist immer noch von großer Spannung und Sprengkraft. (…) Guntbert Warns, der Chef des Renaissance-Theaters, setzt auf die Kraft des Wortes. (…) – und er setzt nicht auf vordergründigen Klamauk, er setzt auf Nachdenklichkeit. Da gibt es durchaus einiges zu lachen, aber das Lachen ist meistens – es ist ja eine scharfe, eine düstere Komödie – ein dunkles, ein böses Lachen – finde ich sehr geglückt.“
Peter Claus, rbb24 Inforadio, 5. Februar 2024
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